weltwaerts-Bericht
veröffentlicht am 27.10.2010
>> zurück

Beckers Dane * St

dane beckers

 

http://ruanda.dane-beckers.eu

 

weltwärts-Bericht Oktober 2010

– Onlineversion –

 

Bericht:                               oktober 2010 (1/4)

Ausreiseort:                       Kigali (Ruanda)

Ausreisezeit:                      Sep. 2010 – Aug. 2011

Entsendenorganisation:     artefact gGmbH

Partnerorganisation:          Association pour la conservation de la Nature au Rwanda (ACNR)

 

 

Kigali den, 24. Jan. 2011

 

Nun die ersten Wochen sind rum und es ist Zeit für meinen ersten weltwärts-Bericht.

 

Die Vorbereitung:

Die Vorbereitung seitens meiner Organisation empfand ich als gut und angenehm. Wir waren 20 Jugendliche zwischen 18 und 28 Jahre, die für ein Jahr nach Ostafrika gehen. Wir hatten zwei Seminare von jeweilig einer Woche in dem wir Vorträge über die Länder und viele nützliche Themen vorbereitet haben. Natürlich wurde das ganze begleiten, organisiert und natürlich ergänzt von Frank, der solivol (also das weltwärts-Programm von artefact) leitet und organisiert. Ebenso hatten wir auch Besuche von Afrikanern sowie von einem ehemaligen Freiwilligen.

Neben den paar wichtigen Fakten haben wir natürlich hauptsächlich uns gegenseitig kennengelernt und schnell eine wie ich finde gute Community gebildet, in der wir uns gemeinsam gut auf solch großen Schritt einstellen und vorbereiten können.

Die später persönliche Vorbereitung auf mein Jahr empfand ich dagegen eher als minimalistisch. Das heißt, neben den ganzen formalen Dingen (wie Kündigungen, Versichrungen, Impfungen und Co.), Fundraising und natürlich der Verabschiedung bei allen meinen Verwandten, Kollegen und Freunden  ist nicht viel gelaufen, was daran liegt, dass ich bis zum 31. August im wöchentlichen 40stündigen Arbeitsverhältnis gegenüber meines Arbeitgebers stand. Gerne hätte ich mich noch Intensiver mit dem Land und der Maßnahme auseinandergesetzt, meine Sprachkenntnisse aufgefrischt und mich nochmal genauer mit GIS (Geodätischen Informationssystemen) beschäftigt. Dennoch fühlte ich mich aber insgesamt gut Vorbereitet, als ich am 9. September ins Flugzeug einstieg.

 

Die ersten Tage:

Nach einem guten Flug von Frankfurt über Addis Abeba zusammen mit noch den drei andern Freiwilligen kam ich gute Dinge am Freitag, den 10. September, mittags in Kigali an. Ein riesiges Empfangskomitee begrüßte uns, darunter Frank, Hannes und Julia (unsere Vorgänger bei ACNR), Serge (Direktor von ACNR) – und es begann unser afrikanischen Luxusleben: Gepäck auf den Pickup und ab ins Restaurant in Kigali mit fetten Büfett. Danach fuhr uns Julia dann ins Hotel in Nyiariambo. Am gleichen Abend gingen wir noch mit Frank in die Stadt, wechselten Geld, kauften SIM-Karten, besuchten ein günstiges Cafe (heute weiß ich, dass es für Kigali wohl er ein überteuertes Cafe war) mit kostenlosen WLAN, trafen durch Zufall gleich weltwärts-Freiwillige einer anderen Entsendeorganisation im Supermarkt und gingen später auch noch in einer Bar mit unseren Vorgängern ein Bier trinken.

Am Samstag haben wir unser neues Zuhause besucht, gingen zum ersten Mal den morgendlichen Arbeitsweg und schlossen mit Frank und Serge unseren trilateralen Vertrag.

Unseren ersten Sonntag verbrachten wir mit einem schönen Ausflug. Mit zwei Jeeps, mit je einem Fahrer und vielen Freunden von Julia und Hannes fuhren wir auf‘s Land. Wir gewöhnten uns schon mal langsam an die vielen Mzungu-Rufe der Kinder, und genossen die schöne Landschaft Ruandas auf einer Bootsfahrt. Später zeigten uns  Julia und Hannes einer ihrer ACNR-Projekte berichteten. Sie erzählten uns von den Problemen bei der Aufklärung und Überzeugung der Bauern, dass zum Erosionsschutz der Anbau 10 Meter neben Flüssen gesetzlich verboten ist. Am Abend waren wir lecker Essen in einer Bar "Black and White" mit echt guter live-Musik, auf der wir dann auch erst mal tanzten.

Montag war unser erster Arbeitstag. Vorher wurden wir aber noch vom Serge Fahrer im Hotel abgeholt, und wir zogen noch eben in unserem neuen Zuhause ein. Im Büro wiesen Julia und Hannes uns in Ihr Klimawandelbildungsprojekt ein. Das ist ein Workshop, welchen sie selbst ins Leben gerufen haben, den sie in den Natur-Club’s der verschiedenen Sekundarschulen anbieten.

Mittlerweile fuhren wir dann auch mit den Bussen, lernten das leckere Mittagsbuffet im Sozial-Ministerium und Lydia (die Marktfrau, beim kleinen aber nahegelegenen Markt) kennen, haben auch endlich mal normal gekocht, waren im Goethe-Institut auf ein Konzert zweier Berliner (Saxophon und Klarinette), machten uns bekannt bei unserer Vermieterin und haben abends auf einem Primus mit Frank letzte Orga-Punkte geklärt und ihn nun endlich auch verabschiedet.

Die ersten Eindrücke waren, wie es auch zu erwarten war, recht überwältigend. Recht befremdlich und erschreckend empfand ich es zu Beginn, dass nach Einbruch der Dunkelheit in Kigali alle paar Meter bewaffnete Soldaten stehen und so für Sicherheit dienen. Schade ist natürlich, dass es am Äquator schon ab 18:00 Uhr dunkel wird, aber dafür sind die Temperaturen hier in Kigali sehr angenehm.

Ich erinnere mich noch gut an die Aussage von Hannes, dass der Bier-, Cola- und Pommes-Konsum in Kigali unvermeidlich ansteige und das verschränkende war, das er recht hatte. Und so war ich auch sehr überrascht, welches Luxusleben mich hier in einem Entwicklungsland begrüßte. Wir aßen in Cafés und Restaurants, bewegten uns fast ausschließlich mit Motos fort (so nennt man hier die Motorrad-Taxis), schliefen im Hotel und vieles mehr. Dies war irgendwie nicht das, auf was ich mich eingestellt habe, und war doch recht froh, wie sich in den späteren Tagen mehr oder weniger sich ein Alltag gebildet hatte, der wohl vergleichsweise hier immer noch eher dem der Wohlhabeneren gleichkommt, aber doch schon mehr dem entspricht, was ich mir vorgestellt habe und nicht mehr moralische Gewissenskonflikte auslöst.

 

Mein neues Zuhause:

Mein Neues Zuhause ist ein nettes schönes geräumiges Haus im südlichen Teil von Kacyiru, einem netten Viertel in Kigali, ca. 10 Autominuten von der Innenstadt entfernt. Während im nördlichen Teil Kacyirus sich hauptsächlich Ministerien, Hilfsorganisationen, Botschaften und andere edlen Grundstücke befinden, leben im südlicheren Teil eher die Mittelklasse bis Ärmeren. Unsere Wohngemeinschaft – ich wohne mit meinen beiden Mitfreiwilligen Karolin und Till zusammen – hat einen kleinen aber hübschen Garten, ist rundum mit einer Mauer umgeben und bietet durch die Hanglage unseres Grundstück (wie eigentlich alle Grundstücke hier) eine tolle Aussicht auf Kigali. Das Haus ist in das große Wohnzimmer, einem Badezimmer, einem Flur und vier Räumen, wovon einer als Küche dient, aufgeteilt. Auffallend ist vor allem die Pappfigur (lebensgroßer Schauspieler, dessen Namen ich vergessen habe, mit einem Veltinskasten in der Hand) im Wohnzimmer, die später nochmal als unser Weihnachtsbaum dienen soll. Es ist mit Strom und Kaltwasser versorgt, wobei die Stromspannung genau wie der Wasserdruck öfters schwankt und man das Wasser zum trinken besser filtern oder abkochen sollte. Zum Kochen haben wir ein komfortablen Gaskocher mit drei Platten, wofür wir alle paar Monate eine Gasflasche kaufen, und waschen mit der Hand, was bei kalten Wasser zwar nicht die schönste Arbeit ist, aber wohl immer noch ein recht kleines übel darstellt.

Angrenzend an unser Grundstück, wohnt unsere Vermieterin in einem kleineren Haus, die seit dem ihr Mann im Gefängnis sitzt, nicht mehr ihr eigentliches Haus finanzieren kann. Sie ist eine etwas ältere und unheimlich liebe Frau, die sich auch um die Beziehung unseres Wassers und Stromes sowie um die Entsorgung unseres Abfalls kümmert. Sie wohnt zusammen mit ihren erwachsenen Töchtern und ihrem Enkel Adne. Adne ist ein kleiner Junge von drei oder vier Jahren der äußerst verspielt aber auch sehr süß ist und häufig bei uns ist – manchmal kann er aber auch nerven. Außerdem könnte man noch Annabelle den Hund erwähnen, der irgendwie glaube ich einen kleinen Knall hat. In unserem Bad, stand noch einiges zu reparieren an, aber das war mit freundlicher Hilfe durch unsere Vermieterin durch insgesamt vier Klempnerbesuche erledigt. Große Freude hatte es mir auch bereitet, als ich am 25. September dann auch endlich mein eigenes Zimmer beziehen konnte.

Interessant, schön und spannend finde ich, dass sich unsere Zuhause im letzten Jahr zu einem unheimlich beliebten Ziel für Reisende entwickelt hat. Unsere Vorgänger haben laut eigener Aussage in ihrem Jahr sage und schreibe 62 Besucher beherbergt. In den wenigen unseren Wochen, hatten wir aber auch schon viel Besuch, dazu zählten überwiegend Freiwillige unsere Entsendeorganisation, die privat oder projektbezogen nach oder über Kigali gereist sind. Ebenso haben wir auch die ein oder anderen Bekannt- und Freundschaften in unsere Nachbarschaft geknüpft.

 

Arbeit:

Meine Arbeitsstelle ist mit Till zusammen die „Association pour la conservation de la Nature au Rwanda“ (ACNR), das ist eine Non-Profit-NGO (Nichtregierungsorganisation) mit derzeit 112 Mitgliedern aus dem ganzen Land sowie neun Natur-Clubs und zwei Site Support Groups. Mit dem Ziel der Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt in Ruanda, konzentrieren sich die ACNR-Projekte sich auf bedrohte Ökosysteme des Landes, wie Feuchtgebiete oder Waldgebieten. Die Organisation entwickelt Strategien und Aktionspläne zu deren Schutz und die Integration in lokale Verbesserung der Lebensgrundlagen zu gewährleisten.

Ursprünglich war zwar eigentlich geplant, dass ich als Erstbesetzung in die „Association pour la Protection de L’Environnement et la Promotion de L’Agriculture au Ruanda“ (APEPARWA) gehe. Nachdem auf den unzähligen E-Mails von artefact, nur einmal ein kurzer Satz zurückkam, dass sie sich grad umstrukturieren, bin ich zu ACNR gewechselt, die praktischerweise auch in Kigali sitzen und auch jemanden mit GIS-Erfahrung suchten. Das Büro habe ich von APEPARWA aber dennoch mal besucht, bzw. die Büroräume, wo sie früher mal waren.

Aber zurück zu meiner nun jetzigen Arbeit. Wir arbeiten montags bis freitags von ungefähr 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr und haben 18 Urlaubstage, wobei das hier mit den Arbeitszeiten und den Urlaubstagen doch recht locker gesehen wird. Unser Chef ist unheimlich nett, macht oft paar kleine Scherze und ist sehr fürsorglich. Ansonsten arbeiten in unserer Organisation incl. Praktikanten derzeit noch drei Personen sowie eine Putzfrau und einem Fahrer mit denen wir uns auch gut verstehen. Nur ist es immer noch ein recht komisches Gefühl, das morgens immer um uns, zumeist ganz wortlos, rumgeputzt wird.

Im Rahmen eines Klimawandel-Workshop, den unsere Vorgänger ins Leben gerufen haben, sind wir gleich in unserer erste Woche, in eine äußerst ländliche Schule gefahren und haben gemeinsam mit noch zwei Freiwilligen unserer Entsendeorganisation aus Uganda einen Einblick in das Projekt erhalten, weclhes wir fortführen können. Auf Grund der mangelnden Englisch-, Französisch- und auch leider sogar Lesefähigkeiten hatte Phillip von ACNR den Workshop auf Kinyarwanda durchgeführt. An einem Wochenende hatten wir Besuch von einem Schüler, der von unserem Projekt gehört hatte. Es stelle sich aber später raus, dass er nur unsere Unterstützung wollte, für die Eröffnung seines Environment Clubs sowie eine Spende für das dafür eingerichtete Konto. Da ACNR selber nur eigene Projekte mit Projektgeldern durchführt und keine Projekte fördert, konnten wir ihm nur anbieten, im bei Schreiben von Anträgen für Projektgelder zu unterstützen. Auch schade ist es, dass zurzeit der Klimawandel-Workshop nicht fortführbar ist, da Endeoktober die Schulen hier für den Rest des Jahres zumachen, und folglich alle Schulen derzeit im Prüfungsstress stehen.

Ansonsten sind wir halt viel im Büro, laden das ein oder andere auf die Homepage, bzw. den Weblog hoch, lesen einige Proposals und ähnliches. Ich musste leider feststellen, nachdem ich nun seit fünf Jahren aus der Schule bin, dass meine Französisch- und Englischkenntnisse doch schlechter sind, wie ich angenommen habe, was mir bei der zwar auch wenigen Büroarbeit, doch eher erschwerend ist. Zweimal konnten wir Serge bei unglaublich spannenden Ausflügen begleiten. Bei dem ersten ging es auf‘s Land um uns über den Fortschritt des Erosionsschutzprojekts und noch einiges Andere bei den Bauernbesuchen zu informieren. Bei dem anderen Ausflug durften wir bei der Eröffnung eines neuen Zentrums und Wanderwegs, mit einer unglaublichen Brückenkonstruktion, teilnehmen und genossen unser erstes Mal im Regenwald.

Grundsätzlich ist ACNR auch unglaublich vernetzt, und wir lernen andauert neue Leute kennen, die ich mir zugegeben nie lange behalten kann. Einmal im Monat dürfen wir an einem Meeting oder Präsentation im Rwanda Development Board teilnehmen. Leider konnte mir Serge immer noch nicht mir den Kontakt mit einem lokalen GIS-Experten herstellen und irgendwie mir auch noch nicht erklären, wofür das überhaupt angewendet werden soll. Ich bin mal gespannt, ob das überhaupt nochmal was dieses Jahr wird.

Zusammengefasst fühle ich mich auf der Arbeit zwar sehr wohl und komme mit allen sehr gut zurecht, bin aber immer noch äußerst unproduktiv.

 

Sprachkurs:

Zuerst haben wir uns auf die Suche nach einem guten Lehrer für Kinyarwanda gemacht. Tipps und Adressen bekamen wir von allen Seiten, jeder meinte irgendwie, dass er einen kennen würde oder uns glatt selber unterrichten könne.

Zuerst sind wir dem Tipp von Serge gefolgt und hatten eine Verabredung mit der Koordinatorin vom “Club Spic“, die von ihren Erzählungen auf einen guten Unterricht hoffen lies. Um artefact von den hohen Kosten von 10.000,- RWF pro Stunde zu entlasten, haben wir die Doppelprobestunde gemeinsam mit vier weiteren Freiwilligen von anderen Entsendeorganisationen gemacht und bekamen hierfür sehr netter Weise auch einen Raum bei der Rheinland-pfälzischen-Ruandischen Partnerschaft zur Verfügung gestellt. Leider waren wir alle doch enttäuscht von dem Unterricht: Der Lehrer war absolut unvorbereitet und hatte noch nicht mal Papier oder einen Stift dabei. Er schrieb die Wörter nur auf Nachfrage auf und lies uns nur wenig, und dann äußerst unkoordiniert, die Wörter und Sätze wiederholen.

So entschlossen wir uns, einen neuen Lehrer auszuprobieren und trafen uns mit einem Sprachlehrer, den uns ein Arbeitskollege von Karo empfohlen hatte. Er ist Radiojournalist sowie Sprachlehrer und hatte wohl schon öfters Erfahrung Weiße zu unterrichten. Er kostet auch nur 100.000,- RWF pro Monat, was ungefähr 12.000,- pro Doppelstunde entspricht. Mit der Probestunde, diesmal nur zu viert, waren wir zufrieden und entschlossen uns gemeinsam mit Sven, einem weltwärts-Freiwilligen vom Deutschen Entwicklungsdienst, der mit Karo in der gleichen Organisation arbeitet, ihn ab sofort als unseren neuen Sprachlehrer anzunehmen.

Wir haben jetzt jeden Montag- und Donnerstagabend eine Doppelstunde Kinyarwanda-Unterricht bei uns zu Hause. Der Sprachlehrer ist motiviert und vorbereitet, schreibt die Wörter auf, wiederholt immer sehr viel, versucht viel Kommunikation auf Kinyarwanda mit uns zu führen, erklärt die ein oder anderen Zusammenhänge sowie Satzbildungen und gibt uns auch Hausaufgaben auf.

Nach dem Unterricht betet er immer einmal (er ist muslimischen Glaubens) und hat uns sogar letzte Unterrichtsstunde zu seiner Hochzeit eingeladen, wo wir natürlich schon sehr drauf gespannt sind.

 

Visum:

21. Sep.: Wir waren alle gemeinsam beim Immigration Office, im Glauben alle notwendige dabei zu haben. Es fehlte ein Schreiben, in der unsere Organisation das Immigration Office drum bittet, uns ein Visum auszustellen. Außerdem wurde angemeckert, dass im trilateralen Vertrag zu einem kein Stempel von artefact zu sehen war und nicht der Name von Frank eingedruckt war.

13. Okt.: Neuer Versuch und diesmal war alles ok, in drei Tagen sollte das Visum dann fertig sein.

19. Okt.: Laut SMS-Abfrage (man kann per SMS und seinem zugeteilten Code den Bearbeitungsstatus abfragen) sollte ich nun meinen persönlichen Vertrag vorbeibringen. Ich habe ihnen erklärt, dass ich diesen bereits abgegeben hätte, was sie dann auch nach kurzer Prüfung akzeptiert haben, in zwei Tagen wäre es fertig.

20. Okt.:    Martin, der mittlerweile schon seit zwei Wochen und häufigen Vertrösten auf sein Visum wartet (und seit dem folglich ja auch kein Reisepass hat), wollte sein Visum abholen, wobei sich rausstellte, dass er mit mir verwechselt wurde. Nun ja, mein Visum war somit schon mal fertig, bloß noch nicht in meinem Besitz.

21. Okt.: Glücklich ging ich also zum Immigration Office um meinen Pass mit dem Visum abzuholen. Man erklärte mir, das sie donnerstags nur bis 15:00 Uhr auf hätten, und mir folglich jetzt (15:06) nichts mehr tun könnten, was sie darauf auch mal spontan den zwei Leuten erklärten, die bereits ein halbe Stunde da warteten.

22. Okt.: „Schacka“, ich habe endlich mein Visum, und das sogar trauriger Weise als Erster.

 

Mein Leben in einer fremden Kultur:

Unglaublich, die Zeit vergeht echt rasend schnell, und ich habe schon viel erlebt.

So wurden wir zum Abschied unserer Vorgänger von unserem Chef zum Essen eingeladen, wo einen sehr schönen Abend im „Car Wash“ verbrachten, wo sich auch wieder zeigte, wie cool und lustig unser Chef ist. Außerdem waren wir auch noch bei zwei einheimischen Freunden von unseren Vorgängern sehr lecker essen, aber es sind auch mal öfters einige Freunde bei uns. Das Nachtleben durfte ich natürlich auch schon kennen lernen, so war ich einmal im dem in Reiseführen so oft erwähntem „New Cadilek“, was eher eine Enttäuschung war, oder habe mich mit Martin zusammen von Rwandern in Pool-Billard abziehen lassen. Natürlich trifft man sich natürlich auch mal öfters mit anderen Freiwilligen, was natürlich auch immer sehr schön ist, Gesprächsstoff gibt’s natürlich zwangsläufig genug, so in der neuen Kultur und neuen Arbeit. Dieses Wochenende haben wir z. B. uns bei einer Freiwilligen in Gitarama verabredet, so wieder einen neuen Ort kennengelernt, und haben mein ersten Gottesdienst hier besucht. Kurz erwähnen möchte ich natürlich auch das Mützig-Fest und den Empfang beim deutschen Botschafter anlässlich 20 Jahre Mauerfall. Beide Veranstaltungen haben sehr viel Spaß bereitet, und man traf natürlich wieder unzählige andere weltwärts-Freiwillige. Nach dem deutschen Empfang schlug es uns auch noch in einen Club, wo sich mein Eindruck vom Nightlife sich um ein vielfaches verbessert hatte, man muss einfach nur wissen wo man hin gehen soll. Natürlich steht aber auch so was, wie mal irgendwo was lecker essen oder trinken, auf dem Programm. Soweit mal ganz zusammengekürzt was alles so passiert ist.

Interessant finde ich die Preise in diesem Land. In Kigali ist grundsätzlich alles teurer, wobei die Lebenshaltungskosten verglichen mit Deutschland immer noch sehr gering sind. Grundsätzlich kann man sagen, dass alles was man nicht zwangsläufig zum Leben braucht und nicht in Ruanda selber angebaut oder produziert wird extrem teuer ist, während das regionale Gemüse hier fast gar nichts kostet. Ebenso sind hier die

Dienstleistungskosten sehr gering. Sehr krass ist natürlich hier auch die Schere zwischen reich und arm. So gehe ich morgens immer bei unseren Nachbarn vorbei, die zum Teil echt nur ein kleines Lehmbauhaus mit Wellblechdach haben und ein Großteil ihres Lebens, wie auch kochen und waschen, auf dem ungepflasterten Weg stattfindet. Einige hundert Meter weiter, sieht man dann die Grundstücke von teilweise mehreren hundert Quadratmetern und großen modernen Häusern, umringt mit einer hohen Mauer und persönlichem Wachmann. Teilweise verbirgt sich aber auch hintern den Mauern und Wänden auf den kleinen unbefestigten steilen Zuwegen echt nette kleine Grundstücke mit hübschen Garten und schönem Haus, so wie bei uns.

Die Leute sind hier auch sehr nett, und es ist echt nicht schwer Leute kennenzulernen, was natürlich teilweise daran liegt, dass einfach viele an Mzungus interessiert sind. Viele sprechen einem an und wollen gleich ihre paar Wörter Englisch an uns ausprobieren, besonders die Schulkinder. Das Problem daran ist, das man als Mzungu als reich gilt, und so wollen sie einem immer alles verkaufen und beim Handeln fangen sie immer mit einem viel zu hohen Preis an. Im ländlicheren Gebieten ist es nochmal extremer, das ganze Dorf ist binnen Sekunden scheinbar über nichts anders mehr am reden, wie über dich. In der Stadt ist das bedeuten angenehmer, hier kommt es aber auch mal öfters dazu, dass Kinder einen hinter laufen oder im Bus ganz begeistert deine Haut anfassen. Andererseits kann man als Weißer teilweise dafür auch echt nette Vorteile erhalten und genießt teilweise Vertrauensvorschüsse. Manchmal passiert es aber auch einfach, dass man mitten auf der Straße nach einem Arbeitsplatz angefragt wird oder einfach gebettelt wird. Das ist grade bei Kindern und Behinderten ein weniger angenehmes Gefühl ist, zumal ich grundsätzlich nichts geben möchte. Man weiß leider ja nie genau was damit passiert und nachhaltig ist es wohl erst recht nicht. Das ist zwar nicht nett und einfach, aber immerhin gerecht und konsequent.

Die Regenzeit, die offiziell im Oktober wieder begonnen hat, erweist sich doch als sehr milde, kurz beschrieben würde ich sie mit drei Schauern a zwei Stunden und einem Gewitter pro Woche. Ruander sind sehr religiös und leben ihre viele verschiedene Religionen gerne aus. Überwiegend sind sie, grade auf dem Land, katholisch. In der Stadt ist aber auch sehr stark der Islam und viele christliche Konfessionen, wie zum Beispiel Baptisten, vertreten. So hört man im Radio auch oft Gottesdienste oder in verschiedenen Stadtvierteln den Muzin rufen, Tischgebete sieht man aber auch häufiger. Für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, öfters Gottesdienste zu besuchen.

Sehr verbreitet in Ruanda sind Büfetts, die meist eine große und leckere Auswahl für wenig Geld bieten, dabei gibt es paar Kleinigkeiten zu beachten: Getränke sind natürlich nicht im Preis enthalten, ab dem zweiten Stück Fleisch kostet es extra und man darf sich nur einmal nehmen. Daher sind die Rwanda geübte Pyramidenbauern, wenn sie sich ihre Teller voll machen.

Rwander sind recht locker und spontan, was den Alltag auch recht unkompliziert macht. Anfangs doch recht ungewöhnlich ist das der Körperkontakt, wie zum Beispiel Händchen halten oder gemeinsames (enges) tanzen, selbst unter Männern total normal ist. So ist hier generell der Männeranteil auf den Tanzflächen ausgewogen wenn nicht sogar überwiegend. Europäer insbesondre die männlichen sind da doch vergleichsweise echt verklemmt.

Nach den ersten Wochen, kann ich nun doch behaupten mich gut eingelebt zu haben. Beim Wort „zuhause“ denke ich nicht mehr zwangsläufig an Deutschland, ich komme gut zurecht, ich fühle mich sicher, ich weiß wo alles ist und ich fühle mich gut in der neuen Kultur angekommen und wohl. Grundsätzlich empfinde ich das Leben doch hier als eher locker und leicht, das aber wohl auch zum Teil daran liegt, dass ich hier quasi mit meinen jungen 22 Jahren schon zur guten Mittelklasse zählen darf und dabei kein Terminstress habe wie in Deutschland.

Erstaunlich ist der Mobilfunk in Ruanda, fast das ganze Land ist abgedeckt, und man kann überall günstig online gehen, ob im Internetcafés, in Cafés mit WLAN, über Hotspot oder das Mobilfunknetz. Gesundheitlich geht es mir super, bis auf eine sehr kleine Magenverstimmung vor paar Wochen, und in meiner Ernährung fehlt mir nichts Gravierendes. Meine Malariaprofilaxe habe ich eingestellt und meine Sonnenenergie oder ein Sonnenbrand hat sich auch noch nicht gemeldet, obwohl ich mich noch kein Mal eingeschmiert habe. Meine beiden imaginären Listen, was ich hier vermisse und was ich vermissen werde, wenn ich wieder in Deutschland bin, heben sich doch ganz gut auf und werden von Tag zu Tag noch bedeutungsloser.