weltwaerts-Bericht
veröffentlicht am 24.01.2011
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Beckers Dane * St

dane beckers

 

http://ruanda.dane-beckers.eu

 

weltwärts-Bericht Januar 2011

– Onlineversion –

 

Bericht:                               Januar 2011 (2/4)

Ausreiseort:                       Kigali (Ruanda)

Ausreisezeit:                      Sep. 2010 – Aug. 2011

Entsendenorganisation:     artefact gGmbH

Partnerorganisation:          Association pour la conservation de la Nature au Rwanda (ACNR)

 

 

Kigali den, 24. Jan. 2011

 

Diesen weltwärts-Bericht, habe ich mal etwas anders gestaltet, nämlich in Form eines kleinen Selbstinterviews. Dieses Interview bietet, wie jedes Interview, natürlich nur ein kleinen und selektiven Einblick. Dennoch hoffe ich ein Stück weit mein neuen Lebensabschnitt näher zu bringen:

 

 

Du bist nun seit über vier Monaten in Ruanda, wie gefällt dir dein Jahr bis jetzt?

Sehr gut, mittlerweile hat sich ein Alltag gebildet in dem ich mich sehr wohl fühle. Das Leben ist einfach schön und gemütlich.

 

Warum gemütlich?

Naja, ich bin quasi einmal aus allem herausgebrochen: Raus aus meinen Beruf, raus aus meinem Zuhause, raus aus meinem Verein, raus aus meinem Freundeskreis. Man fängt an seine Zeit quasi ganz neu an zu gestallten. So nutze ich nun, nach fünf Jahren das erste Mal, keinen Kalender mehr.

 

Und wie gestaltest du dir deine Zeit?

Das ist eine gute Frage: In jedem Fall mehr zuhause verbringen und die Zeit genießen, weniger Verpflichtungen eingehen. Einiges geht natürlich drauf für den Haushalt; also kochen, einkaufen, waschen. Das nervt manchmal, aber irgendwie doch besser als einen Hausboy einzustellen.

 

Apropos Zuhause; wie läuft denn so das WG-Leben?

Ohja, zunächst einmal gibt’s da eine Änderung: Karo suchte sich eine eigene Wohnung und ist ausgezogen, im Gegenzug hat Martin seine Wohnung aufgegeben und ist nun zu uns eingezogen. War ja eh öfter bei uns. Zur Frage zurück: sehr gut, viel mehr kann ich dazu nicht sagen!

 

Hast du schon viele Freunde gefunden?

Geht so, ich war nie der offensive Typ, und das hat sich leider hier etwas fortgesetzt. Peterson unser Nachbar ist ein mittlerweile gute Freund von uns, der öfters da ist und mit dem ich mich gut verstehe, das ist eigentlich so der einzige wirkliche engere private Kontakt. Ab und zu treffe wir uns mit ein paar anderen Freiwilligen oder mit Bekannten von meinen Mitfreiwilligen, mit denen ich mich auch gut verstehe. Ich hatte auch schon mal Kontakt mit dem AGR aufgenommen. Das ist die ruandische Pfadfinderinnenorganisation mit der wir (also mein Pfadfinderinnenverein in Deutschland) eine 30 jährige Partnerschaft pflegen. Aus dem Kontakt ist bisher aber irgendwie noch kein Treffen hervorgegangen, was ich eigentlich mal dringend ändern müsste. Genau wie ich auch noch mal den Kontakt zu zwei anderen Rwandern aufnehmen wollte, die ich mal im Bus kennengelernt habe und mit denen ich zusammen ein Kinderheim besucht hatte.

 

Wie kommst du denn sprachlich zurecht?

Für das meiste reicht es. Ich stelle aber schon fest, dass fünf Jahre nach der Schule mein Englisch wohl kaum mit einem Abiturienten stand halten kann. Sprich Kommunikation läuft sehr gut, Texte schreiben dagegen manchmal eher schwierig. Mein Französisch kommt langsamer zurück als ich dachte, was vor Allem daran liegt, das es äußerst selten gefordert ist.

 

Und wie sieht es mit Kinyarwanda aus?

Auf dem Markt, beim Motofahren und bei weiteren alltäglichen Kleinigkeiten hilft mein wenig erlerntes schon ungemein, ich müsste nur noch mal die Zahlen besser lernen.

 

Hattet ihr nicht auch ein Sprachkurs?

Ja genau, wie hatten (bzw. er läuft sogar noch) einen Sprachkurs: 3 Monaten, 2 Mal die Woche für 2 Stunden Unterricht. Ein Privatlehrer, der zu uns nach Hause kommt. Der Sprachkurs war auch sehr gut, auch wenn ich zugeben muss, dass, für die Anzahl der Unterrichtstunden, ich eher wenig gelernt habe. Grund ist wohl, dass ich nicht selbständig wiederholt habe und zum Ende hin, wir alle nicht mehr ganz so fordernd und motiviert waren.

 

Erzähl mal was ist denn so im in den letzten zwei/drei Monaten alles passiert:

Hmm… wo soll ich anfangen? Beim Privaten. Wir hatten sehr viel Besuch von anderen Freiwilligen. Sonst habe ich paar Mal einen Gottesdienst besucht. Einmal Pentecost auf Englisch, ein Mal Adventisten auf Kinyarwanda. Sonst halt mal öfters in einem französischen katholischen Gottesdienst Sonntagnachmittag.

Sonst, ab und zu Nightlife, ich war auf der moslemischen Hochzeit unseres Sprachlehrers und habe vor Weihnachten meine erste Reise gemacht.

 

Wohin ging’s?

Eine Vier-Tage-Tour durch den Südwesten Rwandas zusammen mit einem Freiwilligen unserer Ausreisegruppe aus Kenia. War echt super schön und  gut nochmal intensiver bzw. anders das Land und die unheimliche Gastfreundschaft kennenzulernen. Highlight der Reise war wohl , dass wir auf einem kleinen Frachtschiff von Changugu nach Kibuje mitgenommen wurden.

 

Du erzähltest von den Gottesdiensten; darf man sich die so richtig schön afrikanisch und lebendig vorstellen:

Jain. Katholisch ist doch mehr oder weniger immer katholisch, wobei paar Kleinigkeiten hier schon anders sind, zum Beispiel dass man zur Wandlung applaudiert. Die beiden anderen Gottesdienste sind da schon etwas afrikanischer gewesen, halt mit viel Gesang und bei den Adventisten sogar mit trommeln. Was mir auffiel war, dass (aus meinem katholischen, europäischen, jungen Blick) die Glaubensgemeinschaften zu einem ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl haben, zum Anderen sie schon ein etwas radikaleren Glauben leben und die Predigten schon leicht angsteinflößend sein können.

 

Nightlife – was darf ich mir in einem Entwicklungsland da so drunter vorstellen?

Ich wohne ja in Kigali, und Kigali ist doch schon eher eine Großstadt nach fast westlichen Standard. Das gilt auch für die Bars und Discotheken. Klar, kulturell gibt es schon Unterschiede; Jungs tanzen hier zu Beispiel mehr. Ein nicht ganz so schönes Thema ist natürlich, dass man in den Läden vermehrt junge Frauen findet, die versuchen ihren Lebensunterhalt durch die Versuchung zu verdienen.

 

So nun aber mal zur Arbeit. Wie läuft’s?

Gut! Mit meinem Chef verstehen wir uns beide sehr gut. Langsam aber sicher fange ich mich auch an als Teil dieser Organisation zu sehen und sie auch ein wenig zu kennen, wobei das wohl nur unser Chef kann. Unsere drei Kolleginnen sind natürlich auch sehr nett, wobei die eine nun ab Februar einen neuen Arbeitgeber gefunden hat, eine Mutter geworden ist und die die Dritte erst wieder seit Anfang diesen Jahres dabei ist.

Seit kurzem gibt es nun jedem Montagmorgen ein Staff Meeting, was ich sehr positiv finde, da ich so mal ein viel besseren Einblick in die Aktivitäten unserer Organisation kriege und mir hilft mich ein Stückweit auch besser zu integrieren.

 

Was macht ihr so?

Verschieden. Ich hab ein Proposal geschrieben, helfe bei einigen technischen Aspekten (Homepage, MS Office Fragen, etc.), bekomm öfters die Gelegenheit Serge (unseren Chef) bei Meetings und Fieldtrips zu begleiten. Als nächstes wollten wir mal eine Bibliotheksinventur machen.

Last but not Least: Eine deutsche Spendenorganisation hat unseren Vorgängern ein Budget zu Verfügung gestellt für Umweltbildung für die Nature Clubs (Art Schul AG), die Partner von ACNR sind. Dieses Budget haben wir übernommen und konnten in Zusammenarbeit mit Serge und Mado (unsere Kollegin) ein, wie ich finde, recht erfolgreichen Workshop auf die Beine stellen.

 

Was war das für ein Workshop?

Es ging darum, den Leitern der jetzigen Clubs zu trainieren, vernetzen und ermutigen neue Nature Clubs in Nachbarschulen aufzubauen.

 

Alles in Allem zusammengefasst, wie zufrieden bist du mit deinem Abenteuer?

Natürlich gibt es schon Punkte, die nicht ganz so sind, wie ich sie mir vorgestellt habe. Zum Beispiel, habe ich untern einem Jahr Afrika mir eher weniger vorgesellt, ein Jahr Großstadtleben auf der anderen Erdhalbkugel, was aber natürlich genauso spannend sein kann. Genau so, dass ich halt gar nicht mit GIS arbeite. Aber darauf habe ich mich ja auch schon mehr oder weniger in meiner Vorbereitungszeit einstellen können. Insgesamt fühle mich aber doch sehr wohl und zufrieden.

 

Was hast du noch so vor?

Da gibt es tatsächlich schon einiges: Die schon erwähnten einheimischen Kontakte etwas mehr pflegen, vor allem mit dem AGR; gucken, dass ich mal in ein cooles neues Projekt von ACNR einsteigen kann; Uganda bereisen; mich mal informieren und ob ich ein Praktikum als Vermesser irgendwo hier in Ruanda machen kann; und Dienstag erst einmal meine Eltern in Empfang nehmen und Rwanda-Urlaub genießen.