weltwaerts-Bericht veröffentlicht am 24.01.2011 | >> zurück |
dane beckers |
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Kigali den, 24. Jan. 2011
Diesen weltwärts-Bericht, habe ich mal etwas anders gestaltet,
nämlich in Form eines kleinen Selbstinterviews. Dieses Interview bietet,
wie jedes Interview, natürlich nur ein kleinen und selektiven Einblick.
Dennoch hoffe ich ein Stück weit mein neuen Lebensabschnitt näher zu
bringen:
Du bist nun seit über vier Monaten in Ruanda, wie gefällt dir
dein Jahr bis jetzt?
Sehr gut, mittlerweile hat sich ein Alltag gebildet in
dem ich mich sehr wohl fühle. Das Leben ist einfach schön und
gemütlich.
Warum gemütlich?
Naja, ich bin quasi einmal aus allem herausgebrochen:
Raus aus meinen Beruf, raus aus meinem Zuhause, raus aus meinem Verein, raus
aus meinem Freundeskreis. Man fängt an seine Zeit quasi ganz neu an zu
gestallten. So nutze ich nun, nach fünf Jahren das erste Mal, keinen
Kalender mehr.
Und wie gestaltest du dir deine Zeit?
Das ist eine gute Frage: In jedem Fall mehr zuhause
verbringen und die Zeit genießen, weniger Verpflichtungen eingehen.
Einiges geht natürlich drauf für den Haushalt; also kochen,
einkaufen, waschen. Das nervt manchmal, aber irgendwie doch besser als einen
Hausboy einzustellen.
Apropos Zuhause; wie läuft denn so das WG-Leben?
Ohja, zunächst einmal gibt’s da eine
Änderung: Karo suchte sich eine eigene Wohnung und ist ausgezogen, im
Gegenzug hat Martin seine Wohnung aufgegeben und ist nun zu uns eingezogen. War
ja eh öfter bei uns. Zur Frage zurück: sehr gut, viel mehr kann ich
dazu nicht sagen!
Hast du schon viele Freunde gefunden?
Geht so, ich war nie der offensive Typ, und das hat
sich leider hier etwas fortgesetzt. Peterson unser Nachbar ist ein mittlerweile
gute Freund von uns, der öfters da ist und mit dem ich mich gut verstehe,
das ist eigentlich so der einzige wirkliche engere private Kontakt. Ab und zu
treffe wir uns mit ein paar anderen Freiwilligen oder mit Bekannten von meinen
Mitfreiwilligen, mit denen ich mich auch gut verstehe. Ich hatte auch schon mal
Kontakt mit dem AGR aufgenommen. Das ist die ruandische
Pfadfinderinnenorganisation mit der wir (also mein Pfadfinderinnenverein in
Deutschland) eine 30 jährige Partnerschaft pflegen. Aus dem Kontakt ist
bisher aber irgendwie noch kein Treffen hervorgegangen, was ich eigentlich mal
dringend ändern müsste. Genau wie ich auch noch mal den Kontakt zu
zwei anderen Rwandern aufnehmen wollte, die ich mal im Bus kennengelernt habe und
mit denen ich zusammen ein Kinderheim besucht hatte.
Wie kommst du denn sprachlich zurecht?
Für das meiste reicht es. Ich stelle aber schon
fest, dass fünf Jahre nach der Schule mein Englisch wohl kaum mit einem
Abiturienten stand halten kann. Sprich Kommunikation läuft sehr gut, Texte
schreiben dagegen manchmal eher schwierig. Mein Französisch kommt
langsamer zurück als ich dachte, was vor Allem daran liegt, das es
äußerst selten gefordert ist.
Und wie sieht es mit Kinyarwanda aus?
Auf dem Markt, beim Motofahren und bei weiteren
alltäglichen Kleinigkeiten hilft mein wenig erlerntes schon ungemein, ich
müsste nur noch mal die Zahlen besser lernen.
Hattet ihr nicht auch ein Sprachkurs?
Ja genau, wie hatten (bzw. er läuft sogar noch) einen
Sprachkurs: 3 Monaten, 2 Mal die Woche für 2 Stunden Unterricht. Ein
Privatlehrer, der zu uns nach Hause kommt. Der Sprachkurs war auch sehr gut,
auch wenn ich zugeben muss, dass, für die Anzahl der Unterrichtstunden,
ich eher wenig gelernt habe. Grund ist wohl, dass ich nicht selbständig
wiederholt habe und zum Ende hin, wir alle nicht mehr ganz so fordernd und
motiviert waren.
Erzähl mal was ist denn so im in den letzten zwei/drei Monaten
alles passiert:
Hmm… wo soll ich anfangen? Beim Privaten. Wir
hatten sehr viel Besuch von anderen Freiwilligen. Sonst habe ich paar Mal einen
Gottesdienst besucht. Einmal Pentecost auf Englisch, ein Mal Adventisten auf
Kinyarwanda. Sonst halt mal öfters in einem französischen
katholischen Gottesdienst Sonntagnachmittag.
Sonst, ab und zu Nightlife, ich war auf der
moslemischen Hochzeit unseres Sprachlehrers und habe vor Weihnachten meine
erste Reise gemacht.
Wohin ging’s?
Eine Vier-Tage-Tour durch den Südwesten Rwandas
zusammen mit einem Freiwilligen unserer Ausreisegruppe aus Kenia. War echt
super schön und gut nochmal
intensiver bzw. anders das Land und die unheimliche Gastfreundschaft
kennenzulernen. Highlight der Reise war wohl , dass wir auf einem kleinen Frachtschiff
von Changugu nach Kibuje mitgenommen wurden.
Du erzähltest von den Gottesdiensten; darf man sich die so richtig
schön afrikanisch und lebendig vorstellen:
Jain. Katholisch ist doch mehr oder weniger immer
katholisch, wobei paar Kleinigkeiten hier schon anders sind, zum Beispiel dass
man zur Wandlung applaudiert. Die beiden anderen Gottesdienste sind da schon
etwas afrikanischer gewesen, halt mit viel Gesang und bei den Adventisten sogar
mit trommeln. Was mir auffiel war, dass (aus meinem katholischen,
europäischen, jungen Blick) die Glaubensgemeinschaften zu einem ein sehr
starkes Gemeinschaftsgefühl haben, zum Anderen sie schon ein etwas
radikaleren Glauben leben und die Predigten schon leicht
angsteinflößend sein können.
Nightlife – was darf ich mir in einem Entwicklungsland da so
drunter vorstellen?
Ich wohne ja in Kigali, und Kigali ist doch schon eher
eine Großstadt nach fast westlichen Standard. Das gilt auch für die
Bars und Discotheken. Klar, kulturell gibt es schon Unterschiede; Jungs tanzen
hier zu Beispiel mehr. Ein nicht ganz so schönes Thema ist natürlich,
dass man in den Läden vermehrt junge Frauen findet, die versuchen ihren
Lebensunterhalt durch die Versuchung zu verdienen.
So nun aber mal zur Arbeit. Wie läuft’s?
Gut! Mit meinem Chef verstehen wir uns beide sehr gut.
Langsam aber sicher fange ich mich auch an als Teil dieser Organisation zu
sehen und sie auch ein wenig zu kennen, wobei das wohl nur unser Chef kann.
Unsere drei Kolleginnen sind natürlich auch sehr nett, wobei die eine nun
ab Februar einen neuen Arbeitgeber gefunden hat, eine Mutter geworden ist und
die die Dritte erst wieder seit Anfang diesen Jahres dabei ist.
Seit kurzem gibt es nun jedem Montagmorgen ein Staff
Meeting, was ich sehr positiv finde, da ich so mal ein viel besseren Einblick
in die Aktivitäten unserer Organisation kriege und mir hilft mich ein
Stückweit auch besser zu integrieren.
Was macht ihr so?
Verschieden. Ich hab ein Proposal geschrieben, helfe bei einigen technischen Aspekten
(Homepage, MS Office Fragen, etc.), bekomm öfters die Gelegenheit Serge
(unseren Chef) bei Meetings und Fieldtrips zu begleiten. Als nächstes
wollten wir mal eine Bibliotheksinventur machen.
Last but not Least: Eine deutsche Spendenorganisation hat unseren
Vorgängern ein Budget zu Verfügung gestellt für Umweltbildung
für die Nature Clubs (Art Schul AG), die Partner von ACNR sind. Dieses
Budget haben wir übernommen und konnten in Zusammenarbeit mit Serge und
Mado (unsere Kollegin) ein, wie ich finde, recht erfolgreichen Workshop auf die
Beine stellen.
Was war das für ein Workshop?
Es ging darum, den Leitern der jetzigen Clubs zu
trainieren, vernetzen und ermutigen neue Nature Clubs in Nachbarschulen
aufzubauen.
Alles in Allem zusammengefasst, wie zufrieden bist du mit deinem
Abenteuer?
Natürlich gibt es schon Punkte, die nicht ganz so
sind, wie ich sie mir vorgestellt habe. Zum Beispiel, habe ich untern einem
Jahr Afrika mir eher weniger vorgesellt, ein Jahr Großstadtleben auf der
anderen Erdhalbkugel, was aber natürlich genauso spannend sein kann. Genau
so, dass ich halt gar nicht mit GIS arbeite. Aber darauf habe ich mich ja auch
schon mehr oder weniger in meiner Vorbereitungszeit einstellen können.
Insgesamt fühle mich aber doch sehr wohl und zufrieden.
Was hast du noch so vor?
Da gibt es tatsächlich schon einiges: Die schon
erwähnten einheimischen Kontakte etwas mehr pflegen, vor allem mit dem
AGR; gucken, dass ich mal in ein cooles neues Projekt von ACNR einsteigen kann;
Uganda bereisen; mich mal informieren und ob ich ein Praktikum als Vermesser
irgendwo hier in Ruanda machen kann; und Dienstag erst einmal meine Eltern in
Empfang nehmen und Rwanda-Urlaub genießen.